Komplexe Aufgaben einfach machen
Kampfmittelfachtagung 2023 der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
Bonn/Berlin, 9. Mai 2023. Belastungen durch Kampfmittel aus Weltkriegsereignissen und historischer militärischer Nutzung stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die Räumung von Kampfmitteln in Deutschland ist eine Generationenaufgabe, die auch Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs längst nicht beendet ist. Die Prozesse zur Kampfmittelräumung sind bundeslandspezifisch unterschiedlich, oft komplex, meist langwierig und nicht selten sehr kostenintensiv. Der bundesweite Erfahrungsaustausch der an der Kampfmittelräumung Beteiligten ist daher von großer Bedeutung und wurde bei der 4. Kampfmittelfachtagung unter dem Titel „Komplexe Aufgaben einfach machen“ in Berlin mit 200 Expertinnen und Experten fortgesetzt. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner und der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Christian Pegel informierten sich vor Ort über aktuelle Entwicklungen und setzten damit ein bedeutendes politisches Zeichen für die Unterstützung dieses wichtigen Anliegens.
Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Christian Pegel, sprach auf der Kampfmittelfachtagung ein Grußwort.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist die größte Eigentümerin von ehemals und aktiv militärisch genutzten Liegenschaften in Deutschland und ist folglich in besonderem Maße von den Kampfmittelrisiken betroffen. Daher gehört die systematische Untersuchung ihrer Flächen auf eine mögliche Belastung mit Kampfmitteln zu ihren zentralen Aufgaben. Denn auch 78 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schlummern noch unzählige Bomben und Granaten unter der Erde Deutschlands. „Deren Räumung ist eine Jahrhundertaufgabe, die es möglichst zu beschleunigen gilt“, erklärte BImA-Vorstandsmitglied Paul Johannes Fietz. „Als Eigentümerin zahlreicher großer Flächen wie ehemaliger Truppenübungsplätze weiß die BImA mit diesem Erbe der Vergangenheit professionell umzugehen und ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Gleichzeitig leisten wir damit auch einen wichtigen und auf eine nachhaltige Zukunft ausgerichteten Beitrag für die politischen Ziele der Bundesregierung, zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien, des Flächenrecyclings, des Waldumbaus und der Biodiversität.“
„Ich konnte mir bei einem Besuch des Truppenübungsplatzes Wittstocker Heide selbst ein Bild davon machen, was für ein Aufwand hinter der Kampfmittelräumung steckt. Daher zolle ich allen großen Respekt, die sich dieser wichtigen Aufgabe stellen. Die Zeit drängt, denn einerseits ist die zerfallende Munition eine Gefahr für Mensch und Umwelt und anderseits werden die noch belasteten Flächen dringend für den Ausbau der Erneuerbaren Energien wie auch für den Naturschutz gebraucht. Es ist eine gesamtstaatliche Generationenaufgabe, bei der wir mehr Tempo brauchen“, betonte Bundesfinanzminister Christian Lindner auf der BImA-Kampfmittelfachtagung.
Das Kampfmittelräumprogramm der BImA
Das Kampfmittelräumprogramm der Bundesanstalt stellt mit einem derzeitigen jährlichen Kostenaufwand von über 30 Millionen Euro einen wichtigen Anlass dar, mit ihrer 4. Kampfmittelfachtagung am 8. und 9. Mai einmal mehr auf die Fachwelt zuzugehen, um angesichts der aktuellen Herausforderungen zur Zusammenarbeit aller Beteiligten aufzurufen. Darüber hinaus bot die BImA mit dieser Veranstaltung wieder ein Podium für die nötige fachpolitische Diskussion. Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Gefahrenabwehrbehörden, Innenministerien der Länder, Eigentümern kampfmittelbelasteter Flächen sowie viele weitere Betroffene widmeten sich dieser ganz speziellen Thematik.
„Wir als Land Mecklenburg-Vorpommern haben als erstes Bundesland bereits im Januar 2020 mit der BImA eine Kooperation zur Räumung der vielen munitionsbelasteten Flächen in unserem Bundesland getroffen und – als bislang einziges Bundesland – dies im Mai 2022 mit einer Verwaltungsvereinbarung konkretisiert. Diese gemeinsame Arbeit zahlt sich aus“, stellte Christian Pegel, Minister für Inneres, Bau und Digitalisierung von Mecklenburg-Vorpommern fest. „Die in der Verwaltungsvereinbarung konkretisierte Finanzierung der Räummaßnahmen auf Bundesliegenschaften war ein wesentlicher Baustein zur finanziellen Absicherung der insgesamt 18 zusätzlichen Stellen für unseren Munitionsbergungsdienst. Inzwischen konnten zwölf dieser Stellen besetzt werden, vier weitere neue Mitarbeiter warten auf den Einstellungstermin, für zwei Stellen läuft noch ein Auswahlverfahren. Wie vereinbart werden die bisher durch einen Rahmenvertrag für Testfeldsondierungen auf landeseigenen Liegenschaften gebundenen Fachfirmen nun auch auf Bundesliegenschaften eingesetzt.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner und BImA-Vorstandsmitglied Paul Johannes Fietz auf der 4. Kampfmittelfachtagung in Berlin (Fotos: Konstantin Gastmann).
Weiterhin sind große Herausforderungen zu bewältigen
Die Kampfmittelräumung ist derzeit von der Planung bis zur Entsorgung durch erhebliche Kapazitätsengpässe und Heterogenität in der bundesweiten Bearbeitung geprägt. Auf der Tagung wurden durch die Referentinnen und Referenten Lösungsansätze für eine zielorientierte und beschleunigte Bewältigung der erforderlichen Maßnahmen vorgetragen. Zusätzliche, oftmals länderübergreifende Problemstellungen wie die ansteigenden Waldbrandgefahren in Folge der Klimaveränderungen und daraus erforderliche Präventionsmaßnahmen verdeutlichen die Herausforderungen für die Kampfmittelräumung. Sie können nur gemeinsam mit allen Beteiligten der Länder, des Bundes und den Fachfirmen bewältigt werden.
„Das Thema der Tagung ,Komplexe Aufgaben einfach machen‘ spiegelt sich in vielen Ansätzen wider, die im Laufe der beiden Veranstaltungstage thematisiert wurden und alle dem Ziel ,Beschleunigung der Kampfmittelräumung‘ dienen“, so der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Pegel. „Die seit Jahren stetig verbesserte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Bezug auf die gemeinsame Aufgabe, die Gefahr von Kampfmitteln abzuwehren, trägt auf vielen Ebenen Früchte. Ein Beispiel ist die aus der Innenministerkonferenz initiierte Bund-Länder-Arbeitsgruppe ,Kampfmittelräumung‘ unter der Federführung des Inspekteurs der Polizei von Mecklenburg-Vorpommern, die Mitte Mai in Schwerin tagt. Die Kampfmittelberäumung wird weiterhin eine gemeinsame Aufgabe sein. Bund und Länder müssen weiter eng zusammenarbeiten und sich mit der nationalen Strategie zur Waldbrandbekämpfung für die Zukunft besser aufstellen.“
Die Vorträge der Expertentagung hatten beispielsweise die vertiefte Zusammenarbeit zwischen den Ländern und der BImA bei der Bearbeitung von kampfmittelbedingten Risiken zum Inhalt und erläuterten die Erfahrungen aus der im Nachgang der BImA-Kampfmittelfachtagung 2019 gegründeten „Bund-/ Länderarbeitsgruppe Kampfmittelräumung“ (BLAG) der Innenministerkonferenz. Darüber hinaus gab es Vorträge zur Waldbrandprävention auf Risikoflächen des Bundesforstes – einem Geschäftsbereich der BImA – sowie zu dem komplexen Thema „Kampfmittelräumung und Naturschutz“. Auch die besonderen Herausforderungen bei der Kampfmittelräumung auf Helgoland, das Kampfmittelengagement der Deutsche Bahn (DB) Immobilien sowie auf Kapazitätsengpässe bei der Vernichtung und Entsorgung von zur Kriegsführung bestimmter Munition waren Thema der Fachvorträge.
Engagierte Podiumsdiskussion
Am Ende der beiden Veranstaltungstage trafen sich die Teilnehmenden zu einer engagierten Podiumsdiskussion. Ergebnis: Die Beschleunigung der Kampfmittelräumung ist dringend erforderlich. Durch eine noch intensivere und verstetigte Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, der weiteren gemeinsamen Arbeit an einem harmonisierten Vorgehen, sowie eine Erhöhung der Kapazitäten bei der Kampfmittelräumung – sowohl personell als auch finanziell – kann dies gelingen.
Paul Johannes Fietz zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen der Kampfmittelfachtagung. „Wir konnten gemeinsam über bereits entwickelte Lösungsansätze informieren, wie unsere Kooperationsvereinbarungen mit den Ländern, die Zusammenarbeit in der BLAG oder auch die Errichtung einer zusätzlichen Vernichtungsstrecke für den Bund. Darauf können wir auch ein wenig stolz sein. Wir müssen hier aber auch am Ball bleiben und weitere Impulse setzen, um die Kampfmittelbelastungen schneller zu reduzieren“, erklärte er. „Dabei setzen wir auf die Initiative weiterer Beteiligter in der Kampfmittelräumung – wie beispielsweise Gefahrenabwehrbehörden, Innenministerien und Kampfmittelräumdienste der Länder sowie Verbände der Branche.“
Weitere Informationen gibt es im Internet unter
https://kampfmittelräumung.bundesimmobilien.de/Kampfmittelfachtagung